Provokant, aber je nach Kontext richtig
Dieser Fachbeitrag entstand aufgrund einer Begegnung mit einem geschassten Personalleiter, dem neben seinem Job auch der Spruch entglitt: „Ich halte nichts von Persönlichkeitsprofilen.“ Dieses Statement ist ungefähr so intelligent, wie die Aussage: „Ich halte nichts von Menschenkenntnis.“ Was nach einem emotional eruptiven Unverstand klang, hat aber vielleicht dennoch seine Berechtigung. Wir werden gleich noch darauf zurückkommen.
Mehrdimensionale Menschen können nicht eindimensional erfasst werden
In einer anderen Begegnung mit einem Leiter einer Sozialeinrichtung fiel in Gegenwart des – ob seiner Unkenntnis über den Nutzen von Persönlichkeitsprofilen verdutzten – Personalentwicklers der Satz: „Persönlichkeitsprofile sind wichtig, um zu verstehen, welche Denkweisen außerhalb der eigenen existieren.“ Doch dabei beließ er es nicht. Um seiner Überzeugung gegenüber dem Personalentwickler Nachdruck zu verleihen, fuhr er fort: „Man muss sich selbst gut kennen, um andere Menschen führen zu können. Wer sich selbst nicht kennt, kann weder sich noch andere sinnvoll führen.“ Welch weiser Gedanke aus dem berufenen Munde eines alten Hasen einer Nonprofit-Organisation im sozialen Dienstleistungsbereich. In diesem Umfeld sind die Konfliktpotenziale aufgrund der enorm hohen Anforderungen eher höher als geringer im Verhältnis zu anderen Unternehmen. Die Kollegen im Team müssen von daher in besonderer Weise sozial kompetent sein; ja sogar richtige Menschenkenner sein.
Um es gleich vorweg zu sagen, der Autor wie auch der hier zitierte Leiter eines großen Sozialbereiches arbeiten mit dem AURIS®-Persönlichkeitsprofil. Mit Überzeugung brennen wir beide dafür, den Menschen aus mehreren Blickwinkeln verstehen zu wollen.
Die unter den Persönlichkeitsprofilen eher übliche eindimensionale Betrachtung des Menschen greift uns zu kurz. Sie wird dem Menschen schlicht nicht gerecht und insofern ist unser anfänglich zitierter Personalleiter wieder rehabilitiert. Wir sehen damit, es kommt immer auf den Kontext an.
Was darf man von einem zeitgemäßen Persönlichkeitsprofil erwarten?
Wenn uns von Aussagen wie „Sie sind ein dominanter Typ und wollen Einfluss und Macht ausüben“ abgeleitete Verhaltensbilder zu kurz gegriffen erscheinen, müssen zusätzliche Facetten des Menschen unser Gesamtbild abrunden. Der Mensch ist immer mehr als sein Verhalten, das uns als Resultat von Einstellungen, inneren Haltungen und Motiven sichtbar wird. Daher müssen wir Einblick nehmen in das Repertoire dessen, was Menschen bewegt und antriggert. Was sind die Antriebskräfte und wofür brennt jemand? Persönlichkeitsprofile haben das klare Ziel unseren Wahrnehmungshorizont und auch unser Bewusstsein für die Vielfalt an Persönlichkeitsfacetten zu erweitern. Es geht schlichtweg darum, dem Menschen besser gerecht zu werden. Der Mitentwickler eines etablierten Persönlichkeitsprofils im deutschen Sprachraum sagte dem Autor einmal, dass sein Profil die Denkstrukturen eines Menschen abbilden könne, aber nicht die Wertvorstellungen. Werte seien so spezifisch, dass es dafür keine in Persönlichkeitsprofilen fassbare Klammer gäbe.
Wir wollen nun sehen, ob wir hier mit dem AURIS®-Persönlichkeitsprofil einen großen Schritt weitergekommen sind.
Der Blick aus drei Perspektiven auf den Menschen
Perspektive 1: Die Welt der Denk- und Verhaltensweisen
Wie Menschen denken und Neigungen/Talente ausgeprägt haben, lässt sich sehr gut in einer viergliedrigen Struktur clustern. Wir treffen vielfach auf Menschen, die (1) dem Neuen gegenüber aufgeschlossen sind, ein Händchen für Kreatives besitzen und die Dinge ganzheitlich verstehen wollen. Ebenso gibt es auch den Antipoden davon, nämlich Personen, die (2) eher auf Bewährtes zurückgreifen, damit das Risiko meiden und auf klare Strukturen setzen. Weitere Facetten der Persönlichkeit sind zum einen (3) das sachlich-nüchterne Denken mit einer Affinität zu Fakten und Technik und zum anderen all jene, die (4) ausgelassen und kommunikativ sowie gefühlvoll auf ihre Mitmenschen zugehen und auf die Welt blicken. Dabei ist keine Perspektive besser als die Andere. Vielmehr stehen sich die Typenbilder in all ihrer Andersartigkeit wertneutral gegenüber. Erst im Kontext der Anforderungen aus der Arbeitswelt endet diese neutrale Haltung.
Perspektive 2: Motivatoren, worauf wir unsere Weltanschauung gründen
Wo Menschen zusammenkommen wird rasch ein Rollenver
halten erkennbar, das tief in der Persönlichkeit wurzelt. Der eine will das Sagen haben, ein weiterer beobachtet das Treiben, ein dritter drückt seine Skepsis aus, ein vierter will Spaß haben und ein fünfter legt Wert auf Harmonie. Die Aufzählung ließe sich weiter fortsetzen. Erstaunlicherweise aber, können kulturübergreifend alle Menschen nach insgesamt neun weltanschaulichen Aspekten differenziert werden. Werden diese Erkenntnisse zum Menschen in Verbindung mit den vorstehenden Denk- und Verhaltensweisen gesetzt, erweitert sich unser Verständnis beträchtlich. Überhaupt geht es nicht darum den Menschen in Schubladen zu stecken und schon gar nicht ihn zu manipulieren. Vielmehr wollen wir immer besser verstehen, wer wie tickt und uns in Gruppen, Teams oder als neuer Mitarbeiter bereichert. Dieser durch und durch konstruktive Ansatz ist das Resultat einer Einsicht in die Diversität, die erst dadurch zur Toleranz und Wertschätzung führt.
Perspektive 3: Werte richten uns auf das aus, was wir wollen
Und damit gehören sie (Werte) auf unser Radar zum besseren Verständnis all dessen, was einen Menschen bewegt und antreibt. Persönliche Ziele sind stets die Verlängerung des Wissens um die eigenen Werte. Und Werte sind nicht nur bei allen verschieden, sie verändern sich auch auf der Zeitachse der Lebensbiographie. So vertraut wie das abgeschlossene, pyramidale Modell der maslowschen Bedürfnispyramide ist, so unbekannt ist das offene Modell der Persönlichkeitsentwicklung nach Clare W. Graves. Dabei sind die beiden Zeitgenossen Maslow und Graves darin übereingekommen, dass das Graves-Modell das Weiterentwickeltere sei.
Wo immer wir derzeit stehen, jeder Mensch durchläuft Phasen, wo er sich nach seinen Fähigkeiten ausprobieren möchte, mit Spielregeln konfrontiert wird, an die man sich halten oder die man hinterfragen kann. Darüber hinaus ist uns die Zusammenarbeit mit anderen wertvoll oder nicht, braucht das Tun einen Sinn oder wollen wir gar eine Delle ins Universum schlagen bzw. in einer etwas abgeschwächten Rhetorik zumindest Spuren unseres Wirkens auf dem Planeten hinterlassen. Wie auch immer, stehen die Werte nicht im Einklang mit den Möglichkeiten unserer Entfaltung ist der Konflikt vorprogrammiert. Der seelische Druck kann zum Boreout (Unterforderung) oder Burnout (Überforderung) anwachsen. Einer solchen Fehlentwicklung vorzubeugen, müssen wir also auch die Wertvorstellungen derer kennen, die als Leistungsträger unser Unternehmen bereichern sollen.
Bilden wir die Klammer über die drei Perspektiven, erhalten wir im Verständnis der Persönlichkeit eine mathematisch gesehen einfache Addition aus:
Zeitgemäße Persönlichkeitsanalyse ist die Verbindung aus:
Denk- und Verhaltensweisen + Motivatoren + Werte
Bringt man jedoch die einzelnen Ergebnisse in Beziehung zueinander, greift die Addition zu kurz, da ganz neue Erkenntnisdimensionen entstehen. Die Verknüpfungen untereinander erweitern die Aussagekraft. Diese Logik hat keiner je besser formuliert als der Lehrer von Alexander dem Großen, Aristoteles (384 – 322 v. Chr.), wenn er sagte: „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.“
Fassen wir zusammen:
Wenn unsere Wahrnehmung primär aktiv, selektiv und subjektiv ist, braucht es Instrumente, die uns bei unserer Einsicht und bei unseren Entscheidungsfindungen unterstützten. Wir können weder aus dem Lebenslauf, noch aus einem oder zwei Interviews destillieren, was in der Zusammenarbeit mit einem neuen Kollegen unverzichtbar ist: Wer ist dieser Mensch und was folgert daraus für die aktive Führung?
Die Ableitungen sind vielfältiger Art. Der geniale Managementvordenker unserer Epoche, Peter Kruse, brachte es einmal mit dem prägnanten Satz auf den sprichwörtlichen Punkt: „Die Führungsmacht ist erschüttert.“ Die Komplexität in der Arbeitswelt ist zu hoch und die Spannweite an Spezialisierung reicht zu weit, um von der Führungskraft noch bequem „gemanagt“ werden zu können. Der Ruf nach Orientierung wird zu einem Schrei nach mehr Leitplanken und sicherer Navigation. In diesem herausfordernden Umfeld muss sich, was die wenigsten derzeit auf dem Radar haben, Führung legitimieren. Wenn hier nicht Personaler rettend zur Seite stehen vom Recruiting bis zur Personalentwicklung, kommt, was kommen muss: viele Konflikte, die dem Scheitern vorauseilen. Personaler müssen Mut zeigen und ihnen wächst die Verantwortung zu, ihren Entscheidern die Mittel und Möglichkeiten an die Hand zu geben, die Mitarbeiterführung zu dem machen, was sie schon immer sein sollte: effektiv. Effizienz lässt sich delegieren, Effektivität hingegen nicht. Instrumente wie das erste multiperspektivische Persönlichkeitsprofil AURIS® sind in den erfolgskritischen Phasen jeder Unternehmensentwicklung höchst effizient und erlauben in der Folge die von Ihnen als Entscheider gewünschte Effektivität.
Autor: Norbert W. Schätzlein, August 2016, www.antaris.biz
Quellen:
AURIS® ist ein multiperspektivisches Persönlichkeitsprofil der www.siris-systeme.de
Beck, Don Edward; Cowan, Christopher C.: Spiral Dynamics, Leadership, Werte
und Wandel, 5. Aufl., Bielefeld: J. Kamphausen Mediengruppe GmbH, 2014
Drucker, Peter F.: Die ideale Führungskraft, übers. von Nordsieck, Hildegard,
Düsseldorf, Wien, New York und Moskau: ECON Verlag GmbH, 1993
Herrhausen, Alfred: Denken – Ordnen – Gestalten, Berlin: Wolf Jobst Siedler Verlag GmbH, 1990, S. 27-31.
Hüther, Gerald: Etwas mehr Hirn, bitte; Eine Einladung zur Wiederentdeckung der Freude am eigenen Denken und der Lust am gemeinsamen Gestalten, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2015
Jung, C. G.: Psychologische Typen, Gesammelte Werke, Sechster Band, 3. Aufl., Ostfildern: Patmos Verlag der Schwabenverlag AG, 2011
Kruse, Peter: „Die Führungsmacht ist erschüttert.“,
in: https://www.youtube.com/watch?v=01Lb78hJcME, Stand: 11.05.2015
Lienert, Gustav A.; Raatz, U.: Testaufbau und Testanalyse, 6. Aufl., Weinheim: Psychologie Verlags Union, 1998
Maslow, Abraham H.: Motivation und Persönlichkeit, Reinbek bei Hamburg: Rowohlt TB Verlag GmbH, 1977
Purps-Pardigol, Sebastian: Führen mit Hirn, Mitarbeiter begeistern und Unternehmenserfolg steigern, Frankfurt am Main: Campus Verlag GmbH, 2015
Schätzlein, Norbert W.: Denkstilanalyse: und was dann?, in:
http://gmbh.dgfp.de/hr-impulse/denkstilanalyse-und-was-dann-4098, Stand: 01.08.2013
Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat: Unterstützen Sie unsere Arbeit und Recherchen.