Noch vor der C-Krise kam meine Frau von einem ihrer Seminare zurück und erzählte mir, dass sie jetzt scheinbar regelmäßig unter ihren Azubi-Teilnehmern Personen habe, die in den Vorstellungsrunden „gambeln“, also (glücks-)spielen, als Hobby angeben.
Nun, Glücksspiel gab’s schon immer und die Spielhallen werden seit eh und je bevölkert, aber irgendwie ist Gambling jetzt salonfähig geworden.
Auf die Nachfrage, was man so alles darunter verstehen dürfe, erfuhr sie, dass das „zocken im Internet“ der Trigger sei und nicht wenige daran teilnehmen.
Eigentlich hatte ich dann diese Story schon wieder vergessen und hielt sie nicht weiter für erwähnenswert; soll jeder nach seiner Façon glücklich werden.
Aber dann das: in einem aktuellen YouTube-Video berichtet der Börsenprofi Dirk Müller von jungen Aktieninvestoren, die in den USA unter dem Dach von Robin Hood spekulieren.
Hier wird aber nicht einfach investiert, sondern gezockt, was das Zeug hält und jeder will dabei sein und pumpt Oma und Opa um Geld an.
Kann man machen, aber wenn man keine Ahnung vom Metier hat und in Nonvaleurs investiert, wie in die insolvente Hertz-Aktie, dann wird das Ganze halt zum Hasardspiel.
Dirk Müller führt dann weiter aus, dass wohl eines Morgens einer der Junginvestoren aufgewacht sei, einen Blick auf sein Handy gerichtet habe, dort feststellte, dass er circa eine Dreiviertelmillion Dollar Schulden angehäuft hat und sich darauf das Leben nahm. Und spätestens jetzt ist das Zocken nicht mehr witzig.
In früheren Zeiten hat man von einer sogenannten Dienstmädchen-Hausse gesprochen, wenn auch noch die letzten auf den fahrenden Börsenzug aufgesprungen sind, bevor dann die Spekulationsblase zum Platzen kam.
Dieses Mal sind es also die Gambler, die das brennende Streichholz weitergeben, solange, bis es den letzten richtig zwickt und die Dominosteine zu fallen beginnen. Das nennt man dann wohl passenderweise End-Game.
Wie auch immer, wir wollen hier nicht gedanklich spekulieren. Nehmen wir als Entscheider einfach zur Kenntnis, dass das neue Trend-Hobby möglicherweise „gambeln“ heißt und uns das eine oder andere Mal in Bewerbungsgesprächen begegnen mag. – Und, diesen Gedanken muss ich noch loswerden, bleibt uns die Zockerei unter den Kollegen in der Buchhaltung erspart.
Autor: Norbert W. Schätzlein, www.antaris.biz, 24.06.2020
Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat: Unterstützen Sie unsere Arbeit und Recherchen.