Wie wäre es:
- Wollen Sie neue Wege mit Ihrem Unternehmen gehen?
- Liegt Ihnen daran, dass die Forderungen im Unternehmen nach Veränderungen nicht nur Lippenbekenntnisse bleiben?
- Soll es zu einem Ruck der Kreativität durchs Unternehmen kommen?
- Wäre es Ihr Wunsch, als attraktive Arbeitgebermarke wahrgenommen zu werden?
- Und last but not least, würden Sie es begrüßen, wenn sich die Zahl Ihrer Initiativbewerbungen vervielfachen würde?
Hierauf würde doch wohl jeder Top-Manager/Unternehmer mit einem klaren JA antworten, oder?
Das klingt wie in den Mund gelegt, finden Sie nicht auch? Fühlen Sie den bittersüßen Beigeschmack, dass man Ihnen hier mal wieder etwas verkaufen will, das sich anhört wie die Eierlegende WollMilchSau und am Ende ist es doch nur ein leerer Schokoladenhase ?
Meine Antwort darauf lautet: Ja, bleiben Sie skeptisch bis ans Ende des Beitrags, aber beachten Sie bitte auch, dass es sich nachstehend um eine wahre Begebenheit handelt. Die folgende Geschichte ist durch und durch real und kann für Sie zur Quelle der Inspiration werden. Vorausgesetzt Sie bleiben authentisch und integer und schlüpfen nicht in ein Rollenverhalten, das nicht zu Ihnen passt.
Die Hofnarren-Strategie
– Einsichten mit Aussichten –
Im August 2013 kam es zu folgendem Dialog mit Paul Birch, der hier in den wichtigen Eckpunkten nachgezeichnet wird.1 Für die Bereitschaft zum Gespräch und für all die interessanten Einblicke und Ausblicke an dieser Stelle meinen herzlichen Dank an Paul Birch, den Corporate Jester aus Überzeugung und Leidenschaft.
Der Brite Paul Birch, Jahrgang 1956, wollte nach einer 18-jährigen Karriere bei der Fluggesellschaft British Airways das Unternehmen endgültig verlassen. Zuletzt war er hier in leitender Funktion für M&A-Transaktionen verantwortlich. Der seinerzeitige CEO, Colin Marshall, akzeptierte seine Kündigung nicht und forderte ihn stattdessen auf seine Wunschstelle zu beschreiben. Birch ging darauf ein und formulierte die Stellenbeschreibung eines Hofnarren die der CEO mit den Worten quittierte „I think this is a great idea“. British Airways (BA) hatte von nun an einen Mitarbeiter auf dessen Visitenkarte „Corporate Jester“ stand, was so viel bedeutet wie unternehmensweiter Hofnarr. Wie gesagt, eine wahre Geschichte, die hier ihren Anfang nahm.
Die ungewöhnlichste Stellenbeschreibung in der Firmengeschichte von British Airways
Die Inhalte der Stellenbeschreibung waren so ungewöhnlich, wie die Befugnisse weitreichend. Birch durfte ab sofort sämtliche Autoritäten im Hause infrage stellen. Sein erklärtes Ziel war es für mehr Offenheit im Unternehmen zu sorgen und alle Bemühungen auf diesen Weg dorthin zu unterstützen. Besonders wichtig erschien es ihm aber Missstände und Verkrustungen in der Organisation aufzudecken und die so identifizierten Herausforderungen kreativ anzugehen. Die Stellenbeschreibung wurde vom CEO ergänzt um den Anspruch Resultate zu liefern und Bewertungen vorzunehmen. Birch hatte nun die Legitimation von ganz oben, auszusprechen, was sonst sich kein anderer im Unternehmen erlauben durfte. Das bringt uns zu der Frage nach den historischen Hintergründen eines Hofnarren und dessen frühere Stellung an den regierenden Höfen des Mittelalters.
Was macht ein Hofnarr im Unternehmen?
„Anfänglich ging ich planlos herum, steckte meine Nase in alles, was mir in den Sinn kam und anderer Leute Business betraf und war damit eine richtige Nervensäge.“ Die eine Hälfte der Geschäftsführer fand ihn unverzichtbar und die andere hätte ihn am liebsten sofort entlassen. Birch musste es zu Beginn seiner
neuen Funktion aushalten, dass man ihm ins Gesicht sagte, er solle verschwinden bevor ein Unglück passiere. Er hatte es also alles andere als einfach. Er machte es aber auch anderen nicht einfach: Als Promotor für Wahrheiten musste es sich eine Führungskraft von ihm gefallen lassen, dass ihr Birch sagte: „Nur weil sie hier Führungskraft sind, bedeutet das noch lange nicht, dass sie alles besser wissen.“ – Gelebte Narrenfreiheit eben. Die Wende kam mit einem ersten Zeitungsartikel, der über seine neue Rolle bei BA veröffentlicht wurde. Nun wurde eine immer größere Öffentlichkeit aufmerksam auf das Phänomen Corporate Jester und richtete neugierig ihr Interesse auf diese neue Unternehmenskultur bei BA.
Vom Unverständnis, über die Ablehnung bis zur Akzeptanz
Es gibt eine starke Parallele wenn Neues in die Welt kommt zu Krisenverläufen. Es beginnt mit ungläubigem Staunen und Verwunderung, gefolgt von Ablehnung und Verweigerung bis alles infrage gestellt wird. Jetzt gilt es dran zu bleiben und an sich selbst zu glauben. Umso mehr, wenn sich erste Erfolge einstellen und die Wende an Fahrt gewinnt. Zum Schluss kann sich keiner mehr vorstellen, dass es jemals anders war.
Es riefen nun Kunden und Lieferanten bei Birch an und klagten ihm ihr Leid. Ihm fiel somit indirekt das Reklamationsmanagement zu, und er nutzte den Informations-Input als Chance BA vorwärts zu entwickeln. Aus einem Kampf, sich einmischen zu wollen, wurde nun ein Kampf darum sich die Leute vom Hals zu halten, die einen alle in ihre Probleme miteinbeziehen wollten. Er war gefragt wie nie zuvor und man erwartete sich wahre Wunder von ihm. Die Publicity nahm Einfluss auf das BA-Image und war so groß, dass die Zahl von Initiativbewerbungen von Monat zu Monat wuchs.
Seine Erfolgsstrategie
Birch verstand seine Rolle darin, die Aufmerksamkeit auf Dinge zu lenken, die schief liefen, aber nicht aktiv angegangen wurden. Sein Appell an die Kollegen bei BA lautete: „hinterfragt die Prozesse, akzeptiert sie nicht deshalb, weil man es schon immer so gemacht hat“. Seine Unterstützung bestand in der Folge darin, präsent zu sein, Verkrustungen aufzubrechen und neue Antworten zu suchen. Birch legte sein Augenmerk auch darauf, dass die Kollegen untereinander weniger konfrontativ umgingen bzw. destruktive Konfrontationen unterließen.
Es folgten dezidierte Vorschläge zu einer neuen Architektur der Firmenstruktur adressiert an die Firmenleitung. Zur Förderung der Kreativität kam es schon mal vor, dass er Manager animierte mit Wasserpistolen aufeinander zu schießen. Birch wurde immer mehr zu einem Art von Agenten auf der Suche nach Wahrheiten. Doch Wahrheiten können wehtun. Krisen können die Folge sein, die Veränderungen erfordern. Erst deren Bewältigung mit allem Weh und Ach, katapultiert die Organisation auf ein neues, höheres Niveau. (…)
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Ihr personaler.de-Autor: Norbert W. Schätzlein
Bildnachweis: Erik Liebermann und (c) by Norbert W. Schätzlein, 2020
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