Kommunikation – das mag eine Binsenweisheit sein, aber eine von jener Sorte, die man gebetsmühlenhaft immer wieder wiederholen muss – ist das Blut im Organismus eines Unternehmens. Weiß Gott ist Kommunikation nicht alles, aber ohne Kommunikation ist alles Nichts. Und, wenn Ihnen das in der Bedeutung zu übergewichtet erscheint, dann versuchen Sie mal schweigend ein Unternehmen zu führen?
Herausforderungen im persönlichen Kontakt
Wir wollen uns im Nachstehenden auf die verbale Kommunikation im face-to-face-Kontakt zwischen Führungskraft und Mitarbeiter konzentrieren, denn der Schriftverkehr ist nochmals eine ganz eigene Nummer für sich. Man denke nur an E-Mails, die jeder schon mal in guter Absicht und nichtsahnend der Folgen an Verstrickungsmöglichkeiten abgesandt hat, um dann überrascht zu sehen, dass die Zahl der Leser mit den Interpretationsmöglichkeiten direkt korreliert.
Gefragt nach der Kommunikationskultur in Unternehmen, erhält man meist eine unternehmensübergreifend gleichförmige Gemengelage an Antworten, wie:
„Ich spreche täglich mit meinen Mitarbeitern, aber was nützt das schon?!“,
„Gesagt hab ich’s denen alle, aber passiert ist zu wenig oder nichts.“,
„Es ist doch alles gesagt, warum soll ich mich wiederholen?“,
„Am Schwarzen Brett stets und damit weiß es jeder.“,
„Ich habe manchmal das Gefühl die hören mir nicht zu oder ich schwätz an eine Wand ran.“,
„Man muss heute sehr aufpassen, was man sagt, schnell wird es einem ganz anders ausgelegt, als gesagt.“,
„Es empfiehlt sich Mitarbeitern mit Glacéhandschuhe zu begegnen, sonst kündigen die gleich.“
Es würde mich sehr verwundern, wenn Sie den einen oder anderen Spruch bei sich im Unternehmen noch nie gehört hätten.
Schwer ist so einfach
Komplexität ist ein Wachstumsgeschäft, doch leider nur eines von jener Sorte, die uns auf Trab hält, ohne Mehrwert zu erzeugen.
Die Komplexität nimmt auch im Kontakt mit den Kollegen immer mehr zu, denn wir sind alle Spezialisten und sprechen im Jargon unserer Disziplin. Manchmal wünscht man sich einfach nur in Anlehnung an den Roman von Douglas Adams „Per Anhalter durch die Galaxis“ einen Babelfisch im Ohr, also jenes fiktive Tierchen, das so praktisch einfach alles für einen übersetzt.
Drei Wünsche frei
Möglicherweise wäre einer von drei freien Wünschen jener guten Fee, die bei Ihnen mal so fiktional im Unternehmen vorbeikäme, richtig gehört und verstanden zu werden.
Ist es denn zu viel verlangt, dass Sender und Empfänger kommunikativ synchron funken sollten? Es wäre doch ein schönes Zielbild, wenn das kommunikative Zusammenspiel im Kontext von Transparenz und Verständnis und von Vertrauen und Wertschätzung abliefe. Nach so vielen Konjunktiven braucht es im Weiteren echte Lösungen.
Ein Königreich für eine bessere Kommunikation (in freier Anlehnung an William Shakespeares flüchtigen König Richard im gleichnamigen Drama „Richard III“)
Auf der Flucht vor den Unbilden kommunikativer Verstrickungen braucht es Hilfsmittel, die uns die Freude an der Kommunikation zurückbringen.
Die Mathematik kennt den Begriff der Eineindeutigkeit. Und so schön es auch wäre, aber nicht mal unter der militärischen Ansage von Befehl und Gehorsam gelingt diese Form der Präzision. Dem Menschen ist zwischen den beiden Ohren liegend eine Interpretationsmaschine eigen, die bei jedem ein wenig anders ausfällt. Und so wie die beiden Gehirnhälften eine Brücke bzw. ein Balken verbindet, so braucht es auch Brückenverbindungen der Kommunikation.
Brückenbauer in Aktion – so geht’s
Vier Antworten braucht die wechselseitige Verständigung auf die Fragen: 1. Wer ist bzw. wie tickt mein Gegenüber? 2. Wie lauten die Werte, die wir teilen wollen? 3. Welche Ziele verbinden unser aller Tun? 4. Über welche Routine gleichen wir das Gesendete und das Empfangene miteinander ab?
Zu 1: Es geht kein Weg daran vorbei: wir müssen uns und die anderen besser kennenlernen. Dazu muss sich keiner auf die Couch des Psychologen legen; es reicht schon, wenn wir ein multiperspektivisches Persönlichkeitsprofil zur Anwendung bringen.
Zu 2: Werte, die nicht in guten wie in schlechten Zeiten verbindlich sind, verdienen diesen Namen nicht. Wenn es sie denn gibt, dann finden wir sie in funktionalen Führungsgrundsätzen und Unternehmensleitbildern.
Zu 3: Mitarbeiter sollten die Chance haben Ziele (vergessen Sie mal für einen Moment die SMART-Regel) zu kennen, zu verstehen und sinnbasiert zu verinnerlichen. Und, wenn dann noch alle an einem Strang ziehen und möglichst in dieselbe Richtung, ist viel erreicht.
Zu 4: Das tournusmäßige Mitarbeitergespräch ist exakt die Plattform in der es zum Matching kommt, wie gut wir miteinander interagieren. Regelmäßig sollten Mitarbeiter aus solchen Mitarbeitergesprächen klüger, motivierter und zufriedener herausgehen als sie hineingegangen sind.
Proof of concept
Gibt es tatsächlich Unternehmen, die im Geiste dieser Gedanken arbeiten und Erfolg haben? Die definitive Antwort ist ein uneingeschränktes JA und die Referenzen dazu liegen längst vor. Warum aber springen nicht immer mehr Unternehmen auf diesen Zug auf, zumal damit Wettbewerbsvorteile nachweislich verbunden sind (mehr zufriedene Mitarbeiter und hohe Leistungsbereitschaft/Produktivität)? Das ist gerade das Geheimnis der Hidden Champions, dass sie eben im Verborgenen blühen.
Autor: Norbert W. Schätzlein, 01-2019, www.siris-systeme.de
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