Diese Frage hätte ich vor ein paar Jahren noch nicht gewagt auf Papier zu bringen. Zu sehr sind wir gesellschaftlich auf „Süßes“ geprägt. Bitterem einen Nutzen abzuringen scheint auf den ersten Blick wenig offensichtlich. Doch lassen Sie uns nun gemeinsam auf eine kleine Reise durch die Welt der Bitterstoffe gehen und die Analogie der Biologie als dann mit den Herausforderungen in Unternehmen abgleichen.
Interessanterweise sind wir alle bereits in der Kindheitsphase auf Tuchfühlung mit dem Wort „bitter“ gegangen. Wenn sie uns nicht direkt vom Arzt gegen Krankheit verabreicht wurde, so lasen und hörten wir doch von ihr im Kindermusical von Mary Poppins oder beim Struwwelpeter:
„Wenn ein Löffelchen voll Zucker bittre Medizin versüßt
ja Medizin versüßt, Medizin versüßt
Wenn ein Löffelchen voll Zucker bittre Medizin versüßt,
rutscht sie gleich noch mal so gut.“
(Mary Poppins-Song)
„In‘s Bett muss Friederich nun hinein,
Litt vielen Schmerz an seinem Bein;
Und der Herr Doktor sitzt dabei
Und gibt ihm bittere Arznei.“
(Struwwelpeter)
Bibelfeste haben sich wahrscheinlich schon mal gewundert über eine Stelle im Alten Testament, bei der die sieben Plagen vor dem Auszug der Israeliten aus Ägypten beschrieben werden. Hier wirkten bittere Kräuter scheinbar wahre Wunder. Ihre Einnahme schützte die Israeliten vor einer mysteriösen Krankheit, während die unvorbereiteten Ägypter der Hauch des Todes streifte.
Zu Risiken und Nebenwirkungen …
Wer sich im Erwachsenenalter mit einer von Kräutern durchsetzten Esskultur beschäftigt, oder gar der Alternativmedizin zugeneigt ist, stellt mit Erstaunen fest:
– der bittere Wacholder befördert die Blutzirkulation,
– Thymian regt die Drüsentätigkeit und den Stoffwechsel an,
– Chicoreé ist ein guter Mineralstofflieferant, ähnlich wie Rucola oder Radicchio,
– Bitterschokolade hilft bei Bluthochdruck und
– eine Grapefruit unterstützt den Basenhaushalt. …
Kein Zweifel – bitter hilft, nicht nur in der Essenz als Likör.
Ob bitter – wie die Werbung verspricht – auch wirklich lustig macht, kann hier nicht näher untersucht werden, aber es ist zumindest eine schöne Vorstellung.
Doch genug der Gedankenspiele mit Auswirkungen auf die Physiologie des Menschen.
Wo sind die Parallelen zu den Unternehmen?
Beispiel 1:
In Unternehmen spricht man von Chancen wahrnehmen und hofft auf die Akzeptanz von Veränderungen und gerade diese erforderlichen Veränderungen stoßen bitter auf.
Beispiel 2:
Engagierte Führungskräfte hoffen auf mehr Zeit unter dem Stichwort der Work-Life-Balance. Dieser Wunsch geht allerdings nur in Erfüllung, wenn die Instrumente dazu genutzt werden, die von Delegation bis Zeitmanagement reichen und sich manchem als große, bittere Hürde offenbaren.
Beispiel 3:
Disziplinarische Vorgesetzte wünschen sich Unterstützung bei ihrer Führungsaufgabe. Dennoch haben sie Manschetten im Vorfeld der Einführung einer Kultur des strukturierten miteinander Redens im Mitarbeiterregel- bzw. Jahresgespräch.
Bevor das Gute sich entfalten kann, scheint es die bittere Medizin zu brauchen.
Nichts kommt von allein
Je erwünschter das Ziel, desto bitterer die Medizin.
Ob man daraus eine weltanschauliche Regel machen soll oder muss, ist für uns hier irrelevant.
Der Beweis ist zumindest erbracht, dass Süßes und Bitteres als conditio sine qua non ein Leben in Koexistenz führen. Es sind möglicherweise die zwei Seiten einer Medaille.
Im Privatleben wie im Berufsalltag können wir uns entscheiden und dem Bitteren und damit den Veränderungen aus dem Weg gehen. Jedes Mal, wenn wir dies aber tun, betrügen wir uns ein stückweit selbst. Zeitversetzte Reue hilft da leider nicht.
Ergo:
Ein Arrangement könnte die Lösung sein in einer gesetzten Reihenfolge von: erst bitter und dann süß. Erst die Entscheidung zur strukturierten und ergebnisoffenen Kommunikation und dann der Erfolg in der Führung in Verbindung mit der time-2-talk-Methode (www.siris-systeme.de). Usw.
Autor: Norbert W. Schätzlein
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