– von Vision, Zielen und Strategien –

Zeit ist kostbar, Zeit ist Geld. – Wer kennt das nicht? Geflügelte Worte, die darauf abzielen, uns zu sagen: keine Zeit!

Ich will, soll, kann und möchte auch gern, aber ich muss doch …

Kennen Sie das? Es fällt leicht diesen Satz zu Ende zu denken.

Berge an Arbeit, Unerledigtes, das wartet, überall brennt es, ausgebucht bis …

Fazit: Ich komme zu gar nichts mehr. Um mich herum nur Zeitfresser und Zeitdiebe.

In gewisser Weise auch ein schmeichelhaftes Gefühl so gebraucht zu werden und so unentbehrlich zu sein. Nur leider sind die Friedhöfe dieser Welt voll von Leuten, die sich für einzigartig, unentbehrlich und unabkömmlich hielten.

Zeitknappheit ist kein ausschließliches Phänomen der Gegenwart. Der römische Kaiser Hadrian, Publius Aelius Hadrianus 76-138 n.Chr., wird uns als versiert und engagiert bei der Erledigung eines großen Arbeitspensums überliefert. Eine Anekdote berichtet von einer Begegnung auf seinen vielen Reisen mit einer Frau, die ihn mit einem Anliegen ansprach. Er erwiderte ihr, dass er keine Zeit habe. Die Antwort: „Dann höre auf Kaiser zu sein!“ traf auf Einsicht bei Hadrian und schaffte der Frau das gewünschte Gehör.

Wer keine Zeit hat, ist immer ein Getriebener.

Im Sog des schwarzen Zeitlochs namens Dringlichkeit, droht der Mensch als Manager/Unternehmer ganz absorbiert zu werden. Und dann kommt die Antwort auf die Frage nach dem wirklich Wichtigen im Jahreszyklus eines Unternehmens regelmäßig zu kurz.

Wenn der Rhythmus im Jahresverlauf von Dringlichkeiten diktiert wird, haben SIE ein Delegationsproblem. Und wenn Ihr Management-by-Delegation nicht funktioniert, haben SIE sogar ein Führungsproblem.

Darum lassen Sie uns danach fragen, was ist wirklich, wirklich wichtig und sollte nicht delegiert werden.

Die knappe Ressource Zeit können Sie grundsätzlich auf die Leistungen des Unternehmens, auf die Prozesse und Organisation, die Kunden, die Partnerunternehmen, die Mitarbeiter, die strategische Ausrichtung, die Bilanzpolitik oder last but not least auf die Familie richten. Manager oder Unternehmer sein, gleicht immer auch einem chinesischen Tellerdreher, der die unterschiedlichsten Dinge am Laufen hält.

Lassen Sie uns mit mehr Systematik den Dingen auf den Grund gehen. Hier unterstützt uns eine Clustermethode, die gerne auch als Eisenhower-Matrix bezeichnet wird (nach dem amerikanischen General und späteren Präsidenten der USA, Dwight David „Ike“ Eisenhower, 1890-1969).

Wichtig für Ihr Zeitmanagement ist die praktische Umsetzung des Eisenhower-Prinzips:

– Um Aufgaben, die sowohl dringend als auch wichtig sind, muss man sich selbst und in „dosierter“ Form sofort kümmern (A-Aufgaben); wichtig ist sich nicht zum Sklaven der A-Prioritäten machen zu lassen und die Selbstbestimmung zu verlieren.

– Aufgaben, die wichtig, aber noch nicht dringlich sind, können zum Teil warten, sollten aber geplant/terminiert werden (B-Aufgaben); die Effektivität eines Managers hängt häufig davon ab, wie gut es gelingt Wichtiges (z.B. Networking/Strategie) vor Dringlichem zu tun! Die Orientierung an B-Prioritäten unterscheidet den echten Unternehmer vom Manager.

– Aufgaben, die keine hohe Wichtigkeit haben, aber dringend sind, sollten sinnvoll delegiert (inclusive der Delegation von Verantwortung und Zuständigkeit, um Rückdelegation zu vermeiden) bzw. nachrangig bearbeitet und erledigt werden (C-Aufgaben).

– Aufgaben, die weder dringlich noch wichtig sind, stehlen einem die Zeit; sie gehören in die Ablage oder den Papierkorb.

Es lohnt sich, diese Systematik immer wieder vor Augen zu halten. Das Tagesgeschäft droht die fließenden Übergänge zu verwischen. Stellen Sie sich doch einmal die Frage, warum Sie ein Top-Entscheider wurden? Wollten Sie nach fremdbestimmter Arbeitszeit (1) entlohnt werden? Ging es Ihnen darum, immer selbst und ständig, also selbstständig (2) zu sein? Lag Ihnen daran Herr Ihrer Zeit zu sein, Investitionen zu lenken und andere für sich arbeiten zu lassen (3), oder noch eine Stufe höher Investor zu werden (maximale zeitliche Selbstbestimmung)? Über welche dieser vier Optionen wollten Sie Ihren persönlichen Cash-Flow generieren?

Lassen Sie uns an verschiedenen Beispielen eine Stufe konkreter werden.

Anlässe/Zeitinvest:Ausprägung/-Wirkung nach dringlich und wichtig
Zeit für die Familie… ist meist nicht dringlich, aber häufig wichtig. Zu lange vernachlässigt, wird’s hier schnell wichtig und dringlich
MitarbeitergesprächeJe größer die Führungsspanne, desto mehr Zeit benötigen Sie für die Präsenz bei den Mitarbeitern. Der Stellenwert von Mitarbeitergesprächen mag häufig nicht dringlich sein, ist aber regelmäßig wichtig. Wer hier abkürzen will, muss Rituale aufbauen bzw. das Gespräch institutionalisieren (unterstützend wirkt hier die time2talk-Methode).
Kundengewinnung und –Betreuung… kann man nicht immer, aber oft delegieren. Probleme, wie Reklamationen, hingegen werden schnell zur Chefsache (dringlich und wichtig).
Bilanzpolitik… meist zeitlich überbewertet, da die wirtschaftliche Ausrichtung über der Steuerpolitik stehen sollte und nicht umgekehrt. Also stets wichtig, aber weniger dringlich.
StrategiefindungWenn jeder seiner Aufgabe nachgeht, könnte man diese Position im Zeitmanagement für vernachlässigbar halten, was ein grober Fehler wäre. Extrem wichtig, aber selten dringlich.
Eisenhower-Matrix in der Umsetzung

Die Beispiele könnten beliebig verlängert werden. Was sich unter welchen Simulationsbedingungen auch immer hier ablesen lässt, sind zwei unterschätzte Dimensionen, die Ihre Lebensqualität dauerhaft bestimmen. Dies ist zum einen Ihre Familie. Wer sich hier keine Zeit nimmt, braucht viel Geld zum Kompensieren. Zum anderen kennen Sie ja Ihre Stärken und Schwächen, Kernkompetenzen scheinen klar zu sein, jeder hat seine Aufgabe im Unternehmen, weshalb also zu viel Zeit mit Strategien verschwenden? So denkt, wer entweder in der Komfortzone eines wachsenden Marktes lebt, wo jeder zweite Managementfehler ohne Auswirkung bleibt, oder wer die Macht der Fokussierung und Zielgerichtetheit nicht kennt oder verkennt.

Ein Unternehmen gibt es nur, weil irgendwann jemand eine Vision davon hatte, wie die Dinge gut und besser gehen könnten. Ein solcher Visionär brennt für sein Vorhaben, gibt sich Ziele und setzt diese in seiner neuen Organisation über flexible Strategien auf der operativen Ebene auch um. Wenn das Geschäftsmodell greift, wächst das Unternehmen. Je größer der Erfolg, desto (scheinbar) selbstverständlicher die weitere Ausrichtung. Übersehen wird in solchen Komfortzonen, dass der Erfolg auch den Keim des Versagens in sich birgt. Ihm zu begegnen, bedeutet zu reagieren. Proaktiv reagieren, bedeutet die Dinge immer wieder infrage zu stellen. Kernkompetenzen müssen jährlich auf den Prüfstand gestellt werden.

Mitarbeiter- und Unternehmensführung kann man lernen, nicht aber die instinktive innere Unruhe, ein Gefühl, das einen antreibt Ausschau nach Veränderungen zu halten. Solche Menschen erspüren die seismischen Bewegungen und vernehmen das diffuse Rauschen in ihrer Branche, wofür andere weder Gehör noch Seismographen haben. Sie können um die Ecke denken, künftige Entwicklungen antizipieren und die Zukunft imaginieren.

Die menschliche Wahrnehmung ist unvorstellbar bruchstückhaft. Von circa 11 Millionen Sinneseindrücken pro Sekunde gelangen nur wenige Bits (ca. 45/s) in unser aktives Bewusstsein. Unser Gehirn kommt mit wenigen Impulsen aus und ist ein Meister darin, sich die Welt selbst zu konstruieren.

Um in Form zu bleiben, müssen wir unserem Denken durch gezielten Input Form geben. Das ist die Aufgabe der Strategiearbeit. Die -3- wichtigsten Tage im Jahr eines Managers/Unternehmers sind die Arbeit an der Vision und den Zielen. Das mag nach viel klingen, ist aber eher das Minimum als das Maximum. Und war da nicht mal wer, der gesagt hat: „Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen.“ In der Tat eine solche Ohrfeige gegen zukunftsgerichtete Manager kam von Altbundeskanzler Helmut Schmidt. Aber kann die Politik ein Vorbild sein für die Wirtschaft? Das ist schon beinahe eine nicht ernst gemeinte, rhetorische Frage. Sind nicht die meisten Politiker, die wir kennen, Marionetten der sogenannten Realpolitik (gesteuert von Lobbyisten), nämlich frei von Idealen? Darum sollten wir den Schmidt’schen Einwurf ganz schnell wieder vergessen.

Die Arbeit an der Vision mit ihren Derivaten, nämlich den Zielen und der Markenpositionierung sowie Strategien bis zu deren Umsetzung in konkreten Maßnahmen, war, ist und wird immer sein: wichtig und nicht delegierbar. Dringlich wird die Visionsarbeit nur, wenn proaktives Handeln versäumt wird.

Autor: Norbert W. Schätzlein, www.siris-systeme.de

Quellen:

Birley, Anthony, R.: Hadrian: The Restless Emperor (Roman Imperial Biographies), Abingdon: Routledge Chapman & Hall, 2011)

Drucker, Peter F.: Die Chance des Unternehmers, Signale für das Management von morgen, Düsseldorf: ECON Verlag, 1987

Drucker, Peter F.: Die ideale Führungskraft, Düsseldorf: ECON Verlag, 1993

Kiyosaki, Robert T.: Cashflow Quadrant, Rich Dad, Poor Dad, 3. Aufl., München: FinanzBuch Verlag GmbH, 2011

Smith, Jean Edward: Eisenhower in War and Peace, New York: Verlag Random House, 2012

Zimmermann, M.: The nervous system in the context of information theory. In Schmidt RF, Thewes, G. (eds): Human Physiology, Berlin: Springer-Verlag, 1989

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